Bolivien im Herbst 2023 – Teil 2
Internate San José und Santa Catalina mit Bibliothek
Ins Rathaus lud Bürgermeister Marcos Telles Torres zum Arbeitsfrühstück ein. Anwesend waren der gesamte Gemeinderat, der Direktor der Grundschule „Juan Vössing“ sowie der Leiter der Schulbehörde.
Vor der Besichtigung der beiden Internate und der Bibliothek wurde über die Schulen berichtet und die Probleme, die nach „Corona“ verstärkt aufgetreten sind. Dass man in vielen Großfamilien mit den Kindern nicht „zimperlich“ umgeht und vereinzelt sogar Gewalt herrscht, ist uns bekannt. Deshalb war unser ganzes Bemühen stets, dass die Kinder und Jugendlichen, die in den Internaten leben, liebevoll umsorgt werden und erfahren, dass es auch anders geht. Nun wurde dieses Thema beim Namen genannt und schlimme Beispiele vorgetragen. Von mehreren Seiten wurde eine „Psychologische Betreuung“ für Grundschule sowie Internate vorgeschlagen und für dringend erforderlich gehalten.
Der Leiter der Schulbehörde, Armando Mamani Quispe, erklärte, dass er 2021 das Amt mit dem durch die katholische Kirche hinterlassenen „ganzen Mist“ übernommen habe. Vorher sei er Direktor in San Pedro gewesen. Die meisten Eltern hätten früher ihre Kinder nach Sopachuy geschickt, da es dort Vorzeigeprojekte gegeben habe. Er sei entsetzt gewesen über das, was im Ort geschehen sei. Nicht nur dass durch „Corona“ sich die Schülerzahl drastisch verändert habe, sondern auch „die Sache“ mit der Katholischen Kirche. Es habe so ausgesehen, dass in Sopachuy die Tendenz zu weniger Schülern geht, was weniger Planstellen für Lehrer etc. bedeutet hätte und letztlich noch mehr zu Lasten der Kinder gegangen wäre. Mit vereinten Kräften hätte man es geschafft, dass im Jahr 2022 schon alles viel besser gelaufen sei. Nach und nach hätte sich herumgesprochen, dass die Internate wieder funktionierten und die „Aktion 33“ nach wie vor in Sopachuy vertreten sei.
Etliche Grundschulkinder vom Campo würden bei den Josefsschwestern im Comedor betreut. Sehr, sehr dankbar sei man, dass es diese Möglichkeit gibt und dass die „Aktion 33“ sich auch dort engagiere. Es gäbe aber Kinder, die nicht zum Comedor kämen; sie lebten in extremer Armut auf dem Land, so dass er, als Leiter der Schulbehörde, darum bitte, dass auch diesen mit Schulmaterial geholfen werde.
Mit staatlichen Vorschriften wurden wir ebenfalls konfrontiert und hörten ab und an, wie großzügig die Regierung ist und was sie alles tut. Oftmals, so sagt man auch, seien es leere Versprechen und zu hinterfragen. U.a.: Ein Beispiel das Schulfrühstück, das auf dem Land Pflicht ist, aber die Kinder bezahlen müssen. Die an uns gerichtete Frage lautete, ob die „Aktion 33“ auch hier die Möglichkeit hat zu helfen.
Es ist wirklich so, dass es Eltern gibt, die nicht einmal Kleinstbeträge aufbringen können. Viele Frauen leben mit ihren Kindern allein. Die Mütter kämpfen für sie, arbeiten in allen möglichen Bereichen. Doch reicht es meist gerade zum Überleben. „Wie soll ich Schulmaterial oder eine Schulspeisung für mein Kind bezahlen?“; das fragt so manche Mutter. Wir sprechen bei Schulmaterial nicht von teuren Büchern oder gar einem Tablett, sondern von Heft und Bleistift und beim Schulfrühstück z.B. von einem Teller Nudeln. Diese Anschaffung oder Essen kostet so viel wie ein Brot für die Familie.
Das sind u.a. Gründe, weshalb die Bibliothek in Sopachuy einen so hohen Stellenwert hat und von sehr vielen Kindern und Jugendlichen im Dorf aufgesucht wird. Schließlich ging es zur Besichtigung der Internate sowie der Bibliothek.
Das Internat San José haben wir in gepflegtem Zustand angetroffen. Bei der Besichtigung der Schlafräume kam bei so manchem der Anwesenden wieder Wut hoch. Es wurde uns berichtet, wie die Räumlichkeiten vom Bistum Sucre übergeben wurden, nämlich mit einigen blanken Bettgestellen und so gut wie keinem Bettzeug. Die Jungen hätten auf blanken Holzlatten schlafen müssen. Außerdem habe der Erzbischof verboten, über dem Hauseingang ein Hinweisschild „Internado San José“ anzubringen.
Wir wussten ja bereits aus früheren Jahren, was uns vermutlich beim Internat Santa Catalina erwartet, da wir das Haus kannten, das von den SIPAS-Frauen seinerzeit genutzt wurde und nun als Mädchen-Internat dient (dienen muss). Wir waren einfach entsetzt über das was wir gesehen haben. Auch mit sehr viel Putzen und Überstreichen kann man „alt und mangelhaft“ nicht aus der Welt schaffen.
Aus dem ursprünglichen Mädcheninternat wurde an Mobiliar überhaupt nichts ausgehändigt.
Man wisse auch, dass PC und Fernsehgerät (von der „Aktion 33“ bezahlt) ursprünglich in jedem Internat vorhanden gewesen seien, was wir bestätigten. Der zum Internat im Innenhof gelegene Garten ist schön und freundlich. Das ist aber das Einzige, was als positiv bezeichnet werden kann. Die Räumlichkeiten sind als „Katastrophe“ zu werten und wir erlauben uns gar zu sagen, dass es unverschämt ist, dass das Bistum Sucre dafür Miete verlangt.
Das Essen wird von den Jungen und Mädchen gemeinsam im SIPAS-Haus (jetzt Internat Santa Catalina) eingenommen. Die Mädchen haben mit der Internatsleiterin für den dortigen Comedor Gardienen genäht und an den Fenstern angebracht damit der Raum etwas freundlicher wirkt. Getrunken wird aus Plastikbechern. Das Besteck ist aus Spenden der Dorfbewohner zusammengestückelt. Von den von der „Aktion 33“ gekauften Gegenständen wie Essgeschirr, Gläser und Besteck, fehlt sehr, sehr viel.
Die Küche ist in schrecklichem Zustand. Putzen und Reinlichkeit allein reichen auch hier nicht.
Die Bibliothek ist sehr gut geführt. Die Bücher sind übersichtlich sortiert.
Die technischen Voraussetzungen zum Funktionieren des Internets hat die „Alcaldia“ geschaffen. Von der „Aktion 33“ wurden nun die PCs übergeben. Wie glücklich man ist, dass endlich Computer/Internet zur Verfügung stehen, zu denen auch ärmere Kinder Zugang haben, können Sie sich kaum vorstellen. Letztlich bedanken sich auch die Lehrer, da für sie so manches einfacher wird.
Außerhalb des Dorfes liegt ein großes Stück Land, das den Jugendlichen der Internate von einer Frau aus Sopachuy kostenlos zur Bearbeitung zur Verfügung gestellt wurde. Hier bauen sie in erster Linie Kartoffeln an. Unter einer riesigen Plane werden aber auch Gemüse zum Verzehr in den Internaten und Pflanzen zu Versuchszwecken von ihnen gezüchtet. Die Internatsleiter unterstützen die Jugendlichen hierbei sehr.