Bolivien im Sommer 2021
Bolivien durchlebt aktuell den Höhepunkt der bisher schlimmsten Welle der Corona-Pandemie. Pro Tag werden zwischen 2.500 und 3.500 Neuinfektionen im Land registriert. Für die meisten Menschen in Lateinamerika ist die Lebenssituation aufgrund der Pandemie sehr schwierig. Viele haben Angehörige verloren und sind durch Erkrankung und den damit verbundenen Kosten in eine noch schwierigere, finanzielle Lage geraden. Der Statistik zufolge sind im vergangenen Jahr allein 1,2 Millionen Arbeitsplätze verloren gegangen. Wenn man bedenkt, dass Bolivien nur 11 Millionen Einwohner hat und davon rund die Hälfte minderjährig ist, ist das arg. Die Monate vergehen, ohne dass sich für die Menschen viel ändert. Wenn sie nicht arbeiten können, müssen sie Hunger leiden. Die meisten Bolivianer leben mit ihren Familien sowieso von der „Hand in den Mund“. Nach Monaten des extremen Lockdowns ist nun alles mehr oder weniger wieder erlaubt, was zur Folge hat, dass das Infektionsgeschehen so hoch ist wie nie. Schulen, Kindergärten sowie Universitäten sind allerdings immer noch, bis auf ganz wenige Ausnahmen, geschlossen. Es gibt aber keine echten Regeln. 25 % der Bolivianer verdienen den Mindestlohn von derzeit 236 €; die Mehrheit lebt jedoch von den Tageseinnahmen im informellen Gewerbe. Die Landflucht ist so riesengroß, weil es auf dem Land für junge Menschen kaum Perspektiven gibt. 70 % der Bolivianer leben in Städten, dort vor allem an der Peripherie, wo grundlegende Infrastruktur fehlt.
Die „Aktion 33“ gewährt den Josefsschwestern finanzielle Unterstützung, damit diese in Brennpunkten helfen können. Außerdem werden nach wie vor ihre Projekte in Poconas und Sopachuy gefördert.
In Sopachuy hat die Pandemie in den letzten Monaten nochmals zugeschlagen. Es wird damit gerechnet, dass die Internate in diesem Schuljahr nicht mehr geöffnet werden. Unterricht wird nach etwa einem Jahr sehr reduziert erteilt. Die Gemeinde hat sich dazu entschlossen, da es fast allen Schülern/Schülerinnen nicht möglich war, am Online-Unterricht teilzunehmen. Wie es weiter geht, vermag im Moment niemand zu sagen. Für diejenigen, die weit draußen auf dem Land leben, wurden Busse eingesetzt; diese erreichen jedoch nicht alle Dörfer und fahren nicht so, wie der Unterricht stattfindet. Es ist zu befürchten, dass noch mehr Kinder die Schule abbrechen.
Der Comedor der Schwestern ist geöffnet, allerdings nur für die Hälfte der Kinder; das Internat bleibt ebenfalls geschlossen. Alte und Arme, die niemanden haben, erhalten nach wie vor dort eine Mahlzeit.
Im kleinen Krankenhaus gibt es jetzt „Covid-Testmaterial“ und für Ärzte/Personal Schutzkleidung. Schwer Erkrankte können jedoch nicht intensiv behandelt werden; sie müssen in eine Stadt. Vor den städtischen Kliniken stehen aber die Menschen Schlange und hoffen darauf, behandelt zu werden. Häufig können sie nicht aufgenommen werden, weil keine Betten frei sind. Sie warten sogar vor den Toren, bis ein Patient stirbt. Die Lage spitzt sich dramatisch zu. Vor allem fehlt es an Beatmungsgeräten und Sauerstoff. Schwester Silvia berichtet aus Cochabamba, man könne den Schmerz der Familien sehen und fühlen, die hoffnungslos für einen Angehörigen nach einem Krankenhausbett suchten; andere liefen verzweifelt mit Sauerstoffflaschen durch die Straßen, um diese irgendwo auffüllen zu können und sie anschließend in die Klinik zu bringen.
Die „Aktion 33“ hilft seit vergangenem Jahr Bedürftigen mit Medikamenten, insbesondere auch Kindern mit spezieller Medizin.
Nach wie vor werden Lebensmittelpakete (Grundnahrungsmittel) gepackt und an bedürftige Familien auf dem Land im Bereich Sopachuy verteilt. Außerdem wird in gewissen Abständen das abgelegene, arme Bergdorf Molle Molle von Sucre aus ebenfalls mit Lebensmitteln aufgesucht.
Die Menschen sind für die Hilfe sehr, sehr dankbar. Vor allem wird mit ihr in dieser schweren Zeit ein Zeichen der Hoffnung geschenkt!